Der Bergnebelwald

Die Bergnebelwälder von Costa Rica

Die Regenwälder sind ein kostbares und besonders schützenswertes Naturerbe. Sie produzieren etwa 40% des Sauerstoffs in unserer Atmosphäre. Als CO2-Speicher sind sie von enormer Bedeutung für den globalen Klimaschutz. Obwohl sie nur etwa 10% der Erdoberfläche bedecken, sind sie Heimat für etwa 40-50% aller Tier- und Pflanzenarten. Aus diesen Gründen stellen sie eines der wichtigsten Ökosysteme unseres Planeten dar.

 

Neben dem immergrünen, tropischen Regenwald machen sogenannte Bergnebelwälder oder Wolkenwälder etwa 1% der globalen Waldfläche aus. Diese Bergnebelwälder entstehen in höheren Gebirgslagen ab 1400m, und insbesondere auf den Bergseiten, die den Passatwinden zugeneigt sind. Obwohl es in diesen Höhen eher selten regnet, ist es dort immer feucht, denn die Meereswinde tragen Nebel und Wolken in die Wälder. Dort „durchkämmen“ Moose, Flechten, Schlinggewächse, Farne, Bromelien und viele kleinblättrige Pflanzen den Nebel. In den Baumkronen finden sich „Aufsitzerpflanzen“, die das Wasser nicht dem Boden, sondern der Luft entziehen. Diese „Auskämmung der Wolken“ versorgt den Wald und die darunter liegenden Täler mit zusätzlichen Wassermengen.

 

Aufgrund seiner geographischen Lage bildet Mittelamerika einen „biologischen Korridor“ zwischen Nord- und Südamerika. Geprägt von dem Gebirgszug der Cordilleren, der die Pazifikseite, auf der Trocken- und Regenzeiten halbjährlich wechseln, von der feuchtheißen Karibikseite trennt, herrschen in Mittelamerika auf kleinstem Raum große klimatische Unterschiede. Diese wiederum bringen eine große Vielfalt von unterschiedlichen Waldtypen und Lebensräumen hervor: auf keinem Quadratmeter in der Welt leben mehr Pflanzen- und Tierarten als hier. Aufgrund der Vielfalt von Landschaftsformen, Klimazonen, Vegetationszonen und ökologischen Nischen sind zudem viele endemische Arten entstanden, die es sonst an keinem Ort der Welt gibt, wie z.B. den „Göttervorgel“ Quetzal (der heilige Vogel der Majas).

 

Obwohl Costa Rica flächenmäßig nicht viel größer als Niedersachsen ist und nur 21% seiner Fläche mit Regenwald bedeckt ist, bietet es Lebensraum für über 12.000 Pflanzenarten (davon mehr als 1.200 Orchideenarten, mehr als 40 Kakteenarten, und mehr als 1.900 baumartige Gewächse), mehr als 250 Säugetierarten, mehr als 900 Vogelarten, mehr als 400 Amphibien- und Reptilienarten und tausende Insektenarten (allein mehr als 5.000 Schmetterlingsarten).

 

Der ARCA-Wald

 

Dieses Naturerbe ist durch Abholzung und Brandrodung in Gefahr. „Die weltweite Situation der tropischen Bergnebelwälder ist unter dem Druck von Bevölkerungswachstum, Armut und unkontrollierter Landnutzung alarmierend. In den 1980er Jahren erreichte die jährliche Abholzungsrate 2,5 Millionen Hektar. (...) Globaler Klimawandel, die Veränderung von regionalem Klima nach großflächigen Entwaldungen, der Verlust und die Zergliederung von Lebensräumen sind zur Bedrohung für viele charakteristische Arten der Wolkenwälder geworden. In Costa Rica (...) ist das plötzliche Verschwinden der nur dort heimischen Goldkröte zusammen mit 24 anderen Amphibienarten im Monteverde-Reservat zu beklagen.“ (Dohrenbusch/Häger, 2005, S. 6)

 

Während die nördlichen und zentralen Teile der Cordillera de Tillerán bereits teils unter staatlichem oder privatem Schutz stehen, ist der südliche Teil weiterhin ungeschützt. „Aufgrund zunehmender Bevölkerung, Abholzungen für die Holzindustrie, Gewinnung von Landfläche für die Viehwirtschaft und Zierpflanzenplantagen“ (vgl. Bitterli 1998, S. 1) steht der Primärwald dort weiterhin unter Druck.

 

Dabei reicht es nicht aus, einzelne „Waldinseln“ als Lebensraum für Pflanzen und Tiere zu schützen. Denn Regenwälder bilden ein in sich geschlossenes System von ineinandergreifenden und voneinander abhängigen Subsystemen. Nicht zuletzt erzeugen sie ihr eigenes Klima. Für das Gesamtsystem Regenwald gibt es deshalb sogenannte „Kipp-Punkte“: werden diese erreicht, können sich die unterschiedlichen Subsysteme nicht mehr selbst regenerieren und das Gesamtsystem Regenwald kollabiert.

 

Die Böden in Costa Rica sind auf etwa 1500m Höhe fruchtbar, aber nicht sehr tief. Bei einer Durchschnittstemperatur von 21°C fallen dort etwa 3461 mm Niederschlag im Jahr und die Luftfeuchtigkeit liegt bei etwa 90% (vgl. Ortiz 1991, nach Bitterli 1998, 2). Aufgrund der starken Gefälle und des hohen Niederschlags ist der Boden sehr anfällig für Erosion. Zudem können gerodete Flächen und Gräser die Luftfeuchtigkeit nicht auskämmen und Regenwasser nicht speichern. Das wiederum hat direkte Auswirkungen auf die Wasserversorgung der Täler und die Energiegewinnung durch Wasserkraft.

 

Der Verein ARCA hat seit seiner Gründung durch Klaus T. Lemberg im Jahr 1994 am südlichen Ende der Cordillera de Tillerán (15km nordwestlich von San Ramón) etwa 100 Hektar wertvollen und intakten Primärwald erworben und unter Schutz gestellt. Etwa 93% der ARCA-Flächen sind mit Wald bedeckt. Pro Hektar finden sich im Durchschnitt etwa 609 Bäume (Bitterli 1998, S.3). ARCA hat einen lokalen Forstwächter engagiert, der den ARCA-Wald überwacht, illegale Holzfällungen anzeigt und dort wieder aufforstet, wo es notwendig ist. Wo möglich, versucht ARCA, grüne Schutzkorridore zu schaffen, über die die verbliebenen Waldinseln wieder miteinander verbunden werden.


Quellen:

Pascal Bitterli: Das Projekt ARCA. 1998

Achim Dohrenbusch, Achim Häger: Wälder im Nebel. In: forschung. Das Magazin der Deutschen Forschungsgemeinschaft. 3-4/2005

V.R. Ortiz: Informe técnico sobre la importancia biológica de la Reserva Forestal de San Ramón. Universidad de Costa Rica, Sede de Occidente, Coordinación de Investigación. 1991

John Terborgh: Lebensraum Regenwald - Zentrum biologischer Vielfalt. 1993

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